Zeichnung von Philipp Krüger bei Procreate auf einem iPad: Katze mit Winkearm, Frau hält Applepencil in der Hand

Bleistift und Bildschirm – Was ist eigentlich digitale Kunst?

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Egal ob Bleistiftzeichnungen, aufwändige Gemälde oder Comic-Stil mit kräftigen Outlines – digitale Kunstwerke unterscheiden sich rein optisch häufig nicht von ihren traditionellen Mitstreitern. Haben Bleistift und Papier heute ausgedient? Dieser Beitrag versucht eine Antwort zu liefern.

Digitale Zeichnungen lassen sich einfach teilen, in beliebigen Größen drucken, werden in Onlineshops zum Verkauf angeboten und Instagram-Profile von digitalen Künstlern erreichen häufig mehrere Millionen Follower. Gerade in einer Kommunikationsagentur sind digitale Zeichnungen wichtig. Sie sagen oft mehr als viele Worte und vermitteln Projektbeteiligten in der Agentur und auch Kunden schnell einen Eindruck einer Idee. Tatsächlich verbirgt sich hinter digitaler Kunst nicht der Versuch der Ablösung des traditionellen Handwerks, sondern lediglich eine neue Herangehensweise, die ein eigenes Skillset erfordert. Sie bietet neben Pinsel, Bleistift oder Copic-Markern ein neues Werkzeug.

Was ist digitale Kunst?

Digitale Kunst ist alles, was nur mithilfe von Computern und ihren technischen Möglichkeiten realisiert wurde. Das sind 3D-Renderings, Fotomanipulationen oder Zeichnungen. Da die Daten direkt am Computer erzeugt werden, lassen sie sich problemlos in Digital- und Printmedien einsetzen.Das ist gerade für den Bereich der Gestaltung ein Vorteil gegenüber traditioneller Illustration und Kunst. Neben diesem hat digitale Kunst aber auch noch eine Hand voll anderer Vorteile:

  • Einfache Transportierbarkeit
  • Die Möglichkeit, Schritte rückgängig zu machen oder etwas nachträglich zu ändern
  • Nachhaltigkeit durch geringeren Papierverbrauch
  • Die Möglichkeit, mit Ebenen zu arbeiten

Der Zweck heiligt die Mittel

Die Arbeitsmittel, welche für digitale Kunst in Frage kommen, sind häufig so divers wie die damit erzeugten Kunstwerke selbst. Den einfachsten Einstieg machen sogenannte Grafik-Tabletts. Ihre Funktionsweise gleicht der einer Computermaus. Der Hauptunterschied zur Maus ist, dass man die Nutzeroberfläche mit einem Stift bedient.

Frau zeichnet auf einem Grafiktablet, welches auf einem Holz-Schreibtisch liegt.

Spezielle Zeichen-Displays oder -Tabletts mit installierten Zeichen-Apps sind besonders beliebt, da man direkt auf dem Bildschirm zeichnen kann. Zu den bekanntesten Zeichen-Apps gehören zum Beispiel Procreate, Clip Studio Paint, Adobe Fresco und Autodesk Sketchbook.

Bevorzugt man die klassische Haptik von Bleistift und Papier, kann man mithilfe bestimmter Schutzfolien die Oberflächenbeschaffenheit von Papier auf dem Zeichendisplay oder Tablet simulieren. So hat man nicht nur einen angenehmen Widerstand am Zeichenstift, sondern auch durch die Akustik das Gefühl, man würde auf Papier zeichnen.

Für jeden Zeichenstil und jede Präferenz gibt es das passende Werkzeug oder die passende App. Der Künstler hat die Qual der Wahl und muss sich für einen Weg entscheiden.

Digitale Illustrationen im Agenturalltag

Wir benutzen für unsere illustrativen Arbeiten ein iPad mit Apple-Pencil in Verbindung mit der Zeichen-App Procreate. Ein Vorteil des Apple-Pencil ist, dass er im Zusammenspiel mit dem iPad einen Bleistift ideal nachahmt. So lassen sich beispielsweise Flächen schraffieren oder Linien durch unterschiedlichen Aufdruck dynamischer gestalten. Procreate hat eine Reihe digitaler Pinsel, welche allesamt auf den Apple-Pencil optimiert sind.

Gerade kleine Icons oder Illustrationen können mit Zeichen-Apps vorgezeichnet und mithilfe von Illustrator vektorisiert werden. Auch, wenn man direkt mit Illustrator vorzeichnen könnte, besticht die Optik handgezeichneter Linien im Vergleich zu beinahe klinisch sauberen Vektoren.

Die Zeitschrift ASF Info liegt aufgeschlagen auf einer Oberfläche, es sind Biotonnen, blaue Illustrationen und ein Smartphone zu sehen

Von der Skizze bis zur digitalen Illustration

Mit Hilfe des digitalen Zeichnens ist in unserer Agentur eine aussagekräftige Konzeptskizze entstanden. Wir zeigen euch, wie wir das Ganze realisiert haben. Es handelt sich dabei um eine Konzeptskizze für eine „Tonnendemonstration“ im Rahmen unserer Arbeit für die Umweltkampagne #wirfuerbio.  

1. Zuerst haben wir eine bestehende Mülltonnengrafik am Computer arrangiert und als Bild in die Zeichenapp eingefügt. Die grobe Komposition stand so schon fest.

Mockup iPad: Aufstellung von 7 Mülltonnen in unterschiedlichen Grau-Tönen

2. In der Zeichen-App kann man die Tonnen in den Hintergrund legen und ihre Deckkraft verringern. Da die Tonnen Gesichter und Arme bekommen sollen, dienen sie als Orientierungshilfe für die handgezeichneten Bestandteile.

Mockup iPad: Aufstellung von 7 Mülltonnen, Gesichter und Schilder werden gezeichnet

3. Mithilfe des digitalen Zeichenpinsels kann der Illustrator Gesichter und Arme auf die Tonnen zeichnen. Die Ebenen helfen dabei, zu sehen, an welcher Stelle Hintergrund-Objekte durch Vordergrundobjekte verdeckt werden. Man kann es sich so vorstellen, als würde man mehrere Folien übereinanderlegen.

Philipp Krüger, Mediengestalter von schweitzer media gmbh, zeichnet die Biotonnendemo auf dem iPad mit einem ApplePencil

4. Nachdem die Grafik vollständig vektorisiert wurde, können mit Hilfe von Illustrator Texte auf die Schilder gesetzt werden und den Tonnen bestimmte Farben zugewiesen werden. Die Farbgebung hilft dabei der Komposition Tiefe zu geben. Das Ergebnis ist eine Illustration, die die Idee transportiert. Der Betrachter hat eine Vorstellung von der tatsächlichen Umsetzung – ganz ohne Foto.

auf ProCreate gezeichnete Biotonnendemonstration, 7 Tonnen mit verschiedenen Mimiken sind in einer Reihe aufgestellt und halten Schilder zum Thema „Kein Plastik in die Biotonne“ und „Klimaschutz“ in die Höhe.

Haben Bleistift und Papier ausgedient?

Ideen skizzieren wir in der Agentur immer schnell auf dem Papier. Die exakte Ausarbeitung erfolgt aufgrund der technischen Reproduzierbarkeit und der vielen Bearbeitungsmöglichkeiten natürlich digital auf dem Zeichentablet. Aber selbst das Zeichentablet ahmt Bleistift und Papier nach. Für uns als Kommunikationsagentur haben der Bleistift und das Papier somit nicht ausgedient. Sie gehören zu unseren täglichen Werkzeugen und das wird sich auch nicht ändern.